Eines davon wartet im Raum 209, im zweiten Stock der Hochschule, gleich vorbei an dem gigantischen 16-Spieler-Multiplayeraufbau zum Gameboy-Klassiker Faceball 2000. Dort, in einem Raum mit zahlreichen SEGA-Konsolen, wird in dieser Nacht zum achten Mal die Deutsche Mega Drive Meisterschaft ausgetragen. Nach Nürnberg, Hanau und München ist Leipzig die vierte Stadt, in der das klassische 16Bit-Turnier seit Bestehen ausgetragen wurde. Noch nie war allerdings der Rahmen so groß wie dieses Jahr. Denn die in diesem Jahr ebenfalls zum 8. Mal stattfindende Lange Nacht der Computerspieler hat sich zu einer etablierten festen Größe unter den Retroveranstaltungen in Deutschland gemausert. Knapp 2.500 Besucher fanden sich dieses Jahr in den Hallen der Hochschule ein. Da ist es kein Wunder, dass auch das Mega Drive Turnier mehr Zulauf fand als je zuvor: 40 Teilnehmer bedeuteten nach den letzten beiden Jahren wieder eine deutliche Zunahme und einen neuen Spielerrekord. Und dies, obwohl in diesem Jahr alle Spieler zum ersten Mal Teil einer Mega Drive Meisterschaft waren – zwar hatten einige Turnierveteranen ihr Interesse bekundet, letztendlich aber aus verschiedenen Gründen nicht die Reise nach Leipzig antreten können.
Als ein verhältnismäßig kleiner Teil einer doch vergleichsweise großen Rahmenveranstaltung wurde die Organisation in diesem Jahr ein wenig anders aufgezogen als in der Vergangenheit. Das Turnier fand in einem eigens dafür angelegten Raum mit SEGA-Konsolen statt. Teilnehmer an der Meisterschaft hatten hier die Gelegenheit, die Spiele des Turniers noch einmal zu trainieren und sich mit den Regeln vertraut zu machen. Aber auch Zuschauern und neugierigen Schaulustigen war hier noch etwas geboten, konnten auch zu Dreamcast-, Saturn- oder Master-System-Controllern greifen und sich ein paar Runden Ecco the Dolphin oder Bomberman hingeben, was über den Abend hinweg regen Zuspruch fand. Hierbei konnte die Turnierorga eine interessante Beobachtung machen: Ganz gleich wie dicht gedrängt der Raum war oder was auch gerade im Turnier stattfand: Irgendjemand spielt immer Sonic, egal ob auf Dreamcast, Mega Drive oder Master System. Und nicht nur im Bereich der Konsolen war das Turnier ein Treffen der Generationen. Ob um die 40 oder gerade einmal 7 Jahre alt, Freunde klassischer Videospiele kennen keine Altersgrenzen.
(Foto vom Team der Langen Nacht, http://www.schreibfabrik.de/img/spielenacht2014/) |
Besucher wie Teilnehmer interessierten sich nicht nur für die Konsolen, sondern auch für die Preise. In diesem Jahr konnten die Gewinner einer einzelnenn Kategorie als Preis eine Ausgabe eines Magazins mit nostalgischem Videospiel- und Computerflair einstreichen. Aber auch am Hauptgewinn zeigten sich viele interessiert: Eine Sega Dreamcast samt Controller und, als besonderes Schmankerl, einer Originalkopie des 2013 erschienenen Shooters Sturmwind zogen zahlreiche neugierige Blicke auf sich (und die eine oder andere neugierige Frage im Sinne von „Kann ich mal anfassen?“).
Die Preise in voller Glorie |
Um 18 Uhr begann das Turnier mit dem klassischen Knaller: Wie in den letzten Jahren sorgte Mega Bomberman für den Turnierauftakt. Wie auch in den vergangenen Turnierauflagen fand das Bombenduell großen Zuspruch. Tatsächlich kam man hinterher zu der Einsicht, dass ein anderes Auftaktspiel vielleicht besser gewesen wäre, denn je länger der Abend wurde umso dichter gedrängt wurden die Publikumsmassen. Die 4-Spieler-Duelle in Bomberman hätten sicher zu einem späteren Zeitpunkt für noch deutlich mehr Zuschauer und Teilnehmer gesorgt. Für den vergleichsweise frühen Beginn war dennoch der Zuspruch sehr angenehm: 16 Teilnehmer, angefeuert von mindestens 20 weiteren Zuschauern, schlugen sich in packenden Vierfach-Kämpfen die Bomben um die Ohren. Das explosive Finale, in denen letztendlich die zwei verbliebenen Kontrahenten Apprentice und Darkspine sich nochmals in einem Stechen verbissen die Flammenzungen um ihre Reittiere schossen, war einer der frühen Höhepunkte dieser Meisterschaft.
Insofern sorgten die darauf folgenden Rennduelle in der Endless Mine-Stage von Sonic 3 für einen erfrischenden Kontrast: Kurze, schnelle Duelle sorgten für einen zügigen und schnellen Ablauf mit wenig Überraschungen. Diese waren dagegen umso öfter bei der um 20 Uhr beginnenden Kategorie Micro Machines 2 zu finden. Selbst unter Besuchern, die nicht so sehr mit der Mega-Drive-Konsole vertraut waren, stellte dieses Spiel seine enorme Popularität unter Beweis, und die Rennen sorgten für einen bemerkenswerten Zustrom an Zuschauern. Und das, obwohl sich die Turnierorganisation aus Zeitgründen für eine reine Folge an 2-Spieler-Duellen statt Vier-Mann-Rennen entschieden hatte.
Sonic 3 - Halbfinale (Endless Mine) |
Der Zustrom an Spielern und Zuschauern erreichte schließlich während des 4. Turniers der Meisterschaften seinen Höhepunkt. Da zeitgleich mit den Mega Drive Meisterschaften auf der Langen Nacht auch ein reines Fighter-Turnier ausgetragen wurde, in dessem Rahmen auch Street Fighter 2 gespielt wurde, hatte sich die Orga in diesem Jahr einmal für ein eher ungewöhnlicheres, unbekannteres Mega Drive Spiel entschieden. Eine gute Wahl, denn die fröhliche Abfolge an 4-Spieler-Prügeleien im japanischen Exklusiv-Titel Yu Yu Hakusho: Makyo Toitsusen entwickelte sich zu einem geheimen Publikumsliebling. Schon zuvor während der Trainingsphase war die Multiplayerprügelei begeistert angespielt worden, und mit 27 gemeldeten Teilnehmern war die diesjährige Fighter-Kategorie auch diejenige mit der bislang größten individuellen Spielerzahl. Allerdings zeigte sich zu diesem Zeitpunkt auch, dass ein mehrere Stunden andauerndes Mega Drive Turnier auf einer großen Retro-Veranstaltung wie der Langen Nacht gewisse Schwierigkeiten hat, das Interesse einzelner Besucher für die gesamte Länge der Veranstaltung zu halten. Dennoch wurden die einzelnen Begegnungen unter lautem Gejohle und begeistertem Anfeuern der Zuschauer ausgefochten. Mit dem 7-jährigen Maxi hatte diese Kategorie auch den jüngsten Teilnehmer des Turniers: Mit regelrechtem Körpereinsatz kämpfte sich der 7-jährige, der bei jedem Knopfdruck auf dem Controller regelrecht mitsprang, umgeben von viermal älteren und doppelt so großen Gegenspieler wacker bis ins Viertelfinale vor.
Nach Yu Yu Hakusho zeigte sich allerdings, dass die Länge des Turniers auf einer Veranstaltung wie der Langen Nacht gewisse Schattenseiten offenbart. Nach dem Abfeuern des Höhepunkts ließ das Interesse ein wenig nach, auch wenn sich für die folgenden Multiplayer-Partien in Columns III immerhin noch 16 Teilnehmer fanden. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich bereits eine wackere Top 4 aus der Teilnehmerriege herauskristallisiert. Sebastian Bulka, der diese Kategorie für sich entscheiden konnte, gelang es, sich noch einmal recht nah an Apprentice heranzuarbeiten, der die ersten Spiele recht deutlich für sich entschieden hatte. Dieser stand zwar am Ende der fünften Kategorie noch immer an der Spitze der Tabelle, jedoch war sein Vorsprung auf dem Zweitplatzierten Sebastian Bulka auf nur noch 1,5 Punkte geschrumpft. Der Ausgang des gesamten Tuniers stand somit vor der 6. Kategorie noch ziemlich offen.
Ergebnis Columns III |
Die abschließende Kategorie war in diesem Jahr Sport, und mit Speedball 2 brachte diese noch einmal eine interessante Wendung ins Turnier. Zwar hatten nur acht Teilnehmer sich dazu durchgerungen, auch wirklich alle 6 Kategorien der Mega Drive Meisterschaften bis zum Ende durchzuspielen (Immerhin waren 16 Spieler an wenigstens der Hälfte aller Kategorien beteiligt, was ziemlich dem Durchscnitt vergangener Veranstaltungne entspricht). Dafür wurde das Feld in Speedball 2 durch zahlreiche Fans des 16-Bit-Klassikers aufgefüllt, die das Spiel vorrangig aus Amiga- oder Atari-Tagen kannten. Insofern sah das Ergebnis kurios anders aus als in den vorangegangenen Kategorien. Mit Aiunier entschied damit auch ein Teilnehmer die Sportkategorie für sich, der an keinem anderen der zuvor ausgetragenen Mega-Drive-Spielen überhaupt teilgenommen hatte.
Dennoch sorgte Speedball 2 für die Entscheidung: Denn Sebastian Bulka gelang es nicht, den Schwung, den er aus seinen Triumphen in Yu Yu Hakusho und Columns III mitgenommen hatte, bis zum Ende beizubehalten. Um den Turniersieg zu erlangen, hätte er mindestens zwei Runden weiter kommen müssen als Apprentice, sein direkter Konkurrent um den Titel. Dem sollte nicht so sein: Sebastian scheiterte bereits in Runde 1 relativ galnzlos an N3Cr0 und musste sich somit mit dem zweiten Platz begnügen. Ironischerweise scheiterte sein Bezwinger im darauf folgenden Viertelfinale an Apprentice, der damit sein Punktepolster noch einmal ausbauen konnte.
Nach 6 Stunden stand damit Apprentice als neuer Mega Drive Champion fest. Zum fünften Mal seit Bestehen des Turniers wechselte der Titel damit seinen Besitzer. Obwohl keiner der vier vergangenen Champions in Leipzig mit von der Partie war, besteht allerdings kein Zweifel daran, dass der Sieg absolut gerechtfertigt war und die Meisterschaft einen mehr als würdigen Gewinner gefunden hat.
Endstand der DMDM VIII |
Die Lange Nacht zog sich auch noch weit nach Turnierende hin. Für die Mega Drive Veranstaltung war leider bereits um Mitternacht Schluss, da der Moderator des Turniers recht eilig noch abreisen musste. Zu schade, denn die SEGA-Konsolen hätten noch weiter zahlreiche Spieler eingelagen, die glorreichen Tage vergangener Konsolengenerationen aufleben zu lassen. Aber dafür hatte die Hochschule Leipzig noch mehr als genug andere Räume und Spielstationen zu bieten (wie etwa ein 8-Spieler-Set Daytona USA und noch viel, viel mehr).
Vielen herzlichen Dank noch einmal an René Mayer, der uns eingeladen hatte nach Leipzig zu kommen und die Veranstaltung erst möglich gemacht hat. Ein besonderer Dank auch an Josh Tari, der – obwohl er mit dem Mega Drive Turnier völlig unerfahren war – wacker als Assistent zur Seite gestanden hat und ohne den die Durchführung des Turniers nicht möglich gewesen wäre. Ebenfalls Danke an Patrick Neuhaus, der uns seine Bilder von der Meisterschaft für unseren Blog zur Verfügung gestellt hat.
Und natürlich ein herzliches Dankeschön an die Mitspieler und an all jene die Ihre Hilfe angeboten haben, egal ob sie aushelfen konnten oder nicht. Ihr zeigt, dass das Interesse am Mega Drive weiterlebt – auf dass die glorreichen 16Bit-Tage noch ein paar nostalgiegefüllte Jahre weiterbestehen.